Die Berufung muss vor dem 11. November 1729 stattgefunden haben, denn an diesem Tag heiratet Johann Gottlieb Lesser in der Preetzer Fleckenskirche Lucia Dorothea LIESEGANG. Da er im Juni 1726 in Ütrecht promoviert worden ist, lässt sich seine Berufung nach Preetz zwischen diesen beiden Ereignissen eingrenzen. Johann Gottlieb Lesser war der Leibarzt des Herzogs von Plön.
Die Heirat 1729
Aus Anlass der Hochzeit Johann Gottliebs mit Lucia LIESEGANG veröffentlicht sein Bruder Friedrich Christian Lesser in Nordhausen eine Schrift, die gleichzeitig die erste gedruckte Familiengeschichte LESSER darstellt:
„Genealogische Nachricht von dem gesegneten Leßerischen Geschlechte welche bey der glücklichen Leßerischen- und Liesegangischen Ehe-Verbindung so den 11. November 1729 zu Preetz in Hollstein vergnügt vollzogen wurde, Nordhausen (Coeler) 1729“
Friedrich Christian entschuldigt sich, dass er nicht das übliche Glückwunschgedicht gewidmet hat, aber er erklärt dies:
„Allein bey serieusern Studiis ist mein bisgen Poesie, so ich ehedessen gelernet, fast gar in Stecken gerathen“.
Bedingt durch den Tod seiner ersten Ehefrau kann er nicht selbst nach Preetz kommen, wie er ursprünglich vorgehabt hat. Da seine Gratulationsschrift erst fünf Tage vor der Hochzeit gedruckt worden ist, kann man erkennen, dass damals der Transport vom 350km entfernten Nordhausen in ausreichender Zeit möglich gewesen ist {F.C. Lesser, 1729, S. 3, 11}. Die ausführliche Biografie des Friedrich Christian Lesser *12-5-1692 in Nordhausen, ist hier nachzulesen.
Auch wenn Friedrich Christian seine poetische Ader als schwach einschätzt, so widmet er dem Brautpaar in Prosa doch herzliche Worte. Interessant ist die heute wieder erwachte Bedeutung der Sternzeichen für das Leben der Brautleute {F.C. Lesser, 1729, S. 11f.}:
„Der Herr des Himmels lasse Ihren Ehestand einen Himmel seyn, an welchem lauter gute Aspecten und Zeichen zu finden. Und gleichwie Mein herr Bruder, seine liebste Braut als Jungfer heyrathet, so wolle der Höchste in Ihren vorhandenen Frauenstande Sie das Zeichen derer Zwillinger, ich will sagen die Vermehrung ihrer Familie sehen lassen. Kein stossender Widder, Stier oder Steinbock stosse wieder Ihr Glück. Ihr Wohlstand der Seelen finde sich niemals im Krebs. Der Löwe vom Stamm Juda wache über Sie. Dero Liebe stehe immer in gleicher Wage. Kein gifftiger Scorpion verletze ihre Ehre. kein gottloser Schütze schieße auf Sie die Pfeile der Verläumdung. Gott lasse Ihnen niemals im Zeichen des Wassermanns das Wasser bis an die Seele gehen. Ihr Tisch sey allzeit voller Fische und was sonst zum Unterhalt gehöret. Inbesonderheit der Höchste meinen Herrn Bruder bey seiner praxi medica so berühmt, wie Galenum, Hipocratem und Thessalum; so glücklich wie den Machaon, Galenum u. Philippum; so geehrt, wie den Äsculapium, Vectium Valensem und Antonium Musam; und so reich als den Petrum Aponensem seyn. Er lasse dessen wertheste Eheliebste seyn eine Zierde in seinem Hause, eine Freude in ihrem Umgange, einen Zeitvertreib der Einsamkeit, und einen Weinstock in seinem Ehebette. Und gleichwie ich Ihnen mehr Gutes gönne, als mein Mund wünschen oder mein Federschreiben kan, also will auch den gnädigen Gott inbrünstig ersuchen, daß er diesen hertzlichen Wunsch in unserm hochgebenedepeyeten Heylande Christo Jesu gnädiglich mit seinem Fiat secundiren wolle, dessen Obhut Sie beyderseits und alle neue hochgeehrteste Anverwandten, mich aber und die Meinigen, welche allesamt nebst dienstlichen Gruße meinem Wunsche den Ihrigen beyfügen, Ihrer Brüderlichen Affection empfehle, in unverrückter Treue harrend …“
Seine Braut ist am 11. September 1711 im 20km nordöstlich von Preetz gelegenen Lütjenburg getauft worden. Lucias Paten sind die aus Lütjenburg stammende Lucia BÜNEMANN, die Jungfrau Dorothea Lischen JAHN, ebenfalls aus Lütjenburg und Christoph Jacob BÜTZAU (….-1745), Verwalter des Gutes Satjewitz bei Neukirchen {KB Lütjenburg}. Dieses Gut liegt in der nordöstlichen Ecke von Holstein, 10km von der heutigen Brücke über den Fehmarsund entfernt. Seine Pflugzahl beträgt 20 {Dörfer S. 235}. Johann Gottliebs verstorbener Schwiegervater Johann Thomas LIESEGANG ist bis 1714 in Lütjenburg Diakon gewesen. Ihre Mutter Sophia Agnes, geb. BÜTZOW (?-13.9.1745 Preetz) stammt aus einer vermögenden Familie, eine Erbschaft aus ihrer Linie soll für die Familie LESSER noch wichtig werden. Aus dem Heiratseintrag ihrer Eltern vom 11. Oktober 1710 in Lütjenburg lassen sich keine weiteren Angaben zur Herkunft ihrer Mutter entnehmen.
Das im Oldenburger Güterdistrikt gelegenen Gut Satjewitz gehört seit dem 16. Jahrhundert der Familie v. RANTZAU. Besitzer ist 1646 Hans RANTZAU und 1700 Cai RANTZAU auf Löhrstorf und dann 1712 Generalfeldmarschall Cuno Josua Freiherr v. Bülow, der es 1736 an seinen Sohn Graf Ernst August v. BÜLOW vererbt {Schröder/Biernatzki S. 387}.
Der spätere Theologieprofessor in Kiel, Christian Gotthilf HENSLER (1770-1812), heiratet 1786 in Satjewitz die Tochter Anna Catharina Elisabeth WULFF (1763-1789) des Besitzers von Satjewitz und Pächters von Behrensbrook und Rotenstein Johann Dominikus WULFF. HENSLER ist ein Sohn des Medizinprofessors Philipp Gabriel HENSLER (1727-1794) und der Christine Lucia, geb. KRAMER, beides Abkömmlinge von Pfarrern in Preetz {Hensler S. 40}.
Ein Kaufmann Hartwig BÜNEMANN wird 1714 Gildemitglied in Preetz, nachdem er die Witwe des Gildeschreibers Christopher PAULI geheiratet hat und Eigentümer des Hauses Mühlenstraße 4 in Preetz geworden ist {Heintzen/Pauselius S. 71}.
Schwiegervater Liesegang
Johann Gottliebs Schwiegervater LIESEGANG ist am 24. März 1669 in Kehmstedt {nicht Remstädt wie Möller 1983, S. 19} als Sohn des dortigen Pfarrers Hans Basilus Liesegang aus Ellrich getauft worden. Da dieser Ort nur 12km westlich von Nordhausen, dem Geburtsort von Johann Gottlieb Lesser liegt, ist nicht auszuschließen, dass die beiden aus ihrer Heimat Beziehungen gehabt haben, denn sein Bruder Friedrich Christian ist in Nordhausen Pfarrer. In dessen Korrespondentenliste findet sich der Name LIESEGANG, wie bei allen anderen auch aber ohne Vornamen. Ob es sich aber um Johann Gottliebs Schwiegervater handelt (wie Rein 1997, S. 169 annimmt) ist eher unwahrscheinlich, denn bei dessen Tod 1714 ist Friedrich Christian erst 22 Jahre alt und er befindet sich in diesem Jahr bei seinem Patenonkel Johann Friedrich LESSER (1660-1719) in Berlin. Da er sich zu diesem Zeitpunkt also noch in der Ausbildung befindet, dürfte er kein Geld gehabt haben, um schon zu korrespondieren.
Der Name LIESEGANG kommt aber auch in Nordhausen im 16. Jahrhundert vor, genauso aber wie der Name PRAETORIUS, dies ist der Name von Johann Gottliebs zweiter Ehefrau. Am 7. Juni 1712 heiratet in Nordhausen der Wollwebermeister Johann Conrad LIESEGANG die Johanna Charlotte PRAETORIUS {KB Nordhausen/Blasii} die Familiennamen von Johann Gottliebs Ehefrauen finden hier zusammen..
LIESEGANG besucht ab dem 1. Mai 1689 die Universität Jena und erhält 1706 mit dem Diakonat in Lütjenburg seine wohl erste Stelle. Das Lütjenburger Kirchenbuch von 1622 bis 1791 umfasst außer den üblichen Eintragungen auch Kirchrechnungen, Kirchenlasten der Kirchenpatrone, Stiftungen, Predigerwahlen etc. Neben dem Pfarrer und dem Diakon gibt es noch einen Küster, der gleichzeitig Organist ist {Kessler S. 31, 41}. Erst nach langen Streitigkeiten kann Pfarrer Lorentz CLAUSSEN den Bau eines Pfarrhauses 1697 durchsetzen, den Bau eines neuen Diakonatshauses im Jahr 1735 erlebt LIESEGANG nicht mehr {Kessler S. 54}.
Nach längeren Streitigkeiten verläßt CLAUSSEN 1700 Lütjenburg, sein Nachfolger als Hauptpfarrer wird Ostern 1701 der Altonaer Rudolf Robert LÖWE (1670-1738). Er wird von Propst Georg Heinrich BURCHARDI (1624-1701) aus Heiligenhafen in sein Amt eingeführt. Bei der 1706 durchgeführten Generalkirchenvisitation durch den Generalsuperintendenten Josua SCHWARTZ (1632-1709) wird LÖWE von seinen Gemeindemitgliedern wegen unregelmäßigem Predigtdienst und ungerechtfertigten Gebührenerhöhungen angegriffen.
1761 erhält der Pfarrer 70 M und der Diakon 50 M. Dies kann nur ein Indiz für die geringen Festvergütung von LIESEGANG in seinen Jahren sein, dazu kamen aber noch die baren Vergütungen für Amtshandlungen und Naturalleistungen sowie die kostenlose Wohnung {Kessler S. 60f}. Kircheninventar 1718, Wahlprotokoll 1717 prüfen.
Die jüngere Schwester Sophia Amalia LIESEGANG von Johann Gottliebs Frau ist am 8. Oktober 1713 in Lütjenburg getauft worden, aber bereits am 11. April des folgenden Jahres dort beerdigt worden. Im nächsten Jahr ist eine weitere Schwester Sophia Catharina am 14. April getauft worden {KB Lütjenburg}.
1714 wird LIESEGANG Pfarrer in Gettorf westlich von Kiel und stirbt dort am 7. Januar 1720. Interessanterweise wird er nicht in Gettorf, sondern am 30. in dem immerhin 40km entfernten Lütjenburg begraben {KB Lütjenburg}. Ob seine Witwe mit den beiden Töchtern nach Preetz zieht oder diese von ihrem Bruder auf das Gut Satjewitz mit einer Wohnung versorgt wird ist offen, aber anzunehmen, denn eine Witwenversorgung gibt es damals im kirchlichen noch nicht.
Johann Thomas gebürtig aus Kehmstedt, war vermutlich verwandtschaftlich eng verbunden mit Johann Friedrich Liesegang (Konsistorial-Kanzlist)* um 1680 + 1746, welcher mit Marie Schröder verheiratet war. Deren Sohn, Christoph Philipp *1722 wurde Spezial-Superintendent in Ebstorf.
Quelle:
Aufzeichnungen von Johann Gottlieb und seinen Nachfahren, mitgeteilt durch Dipl.-Kfm. Andreas Lesser in München. Der Stammbaum von Johann Gottlieb Lesser (hier als PDF) und alle Hintergrundinformationen sind nachzulesen auf der Webseite der Friedrich Christian Lesser Stiftung und in meiner Datenbank.