Die Vertreibung der Salzburger Protestanten

In jeder Beziehung behauptete das Erzstift die strengste Abgeschlossenheit gegenüber fremden Einflüssen, mit Ausnahme der italienischen Kunst, der spanischen oder französischen Etikette und der Botmäßigkeit gegenüber dem römischen Stuhl. Der Erzbischof an der Salza herrschte über einen riesigen Sprengel, der selbst den Mainzischen an Umfang übertraf.

Salzburger Emigranten

 

Als geborener Legat des Papstes hatte er die Entscheidungsmacht über mancherlei Streitsachen, die sonst nur vor das römische Forum kamen. Er besetzte Bisthümer und ließ einen neuen Bischof nicht einmal vom Papst bestätigen. Er nannte sich „Primas Germaniae“ und saß in Regensburg auf der geistlichen Bank ganz obenauf. Ihm allein stand von allen Fürsten des heiligen römischen Reiches die Ehre zu, in Gegenwart der Kaiserin mit an der allerhöchsten Tafel speisen zu dürfen. Er belehnte die Erzherzöge von Österreich mit den vier Erbhofämtern seines Staates, und diese belehnten dann mit ihnen andere Familien, die dem Erzbischof „wohlgefällig“ waren. Rechnet man die zahlreichen Enklaven ein, so wurde der Flächeninhalt seines Hochfürstentums von keinem Gebiet eines anderen geistlichen Staates in Deutschland erreicht.

Und dabei war war die äußere Glaubenseinheit im Fürstentum streng gewahrt, während Mainz in Erfurt, Fulda in Fischberg, Würzburg in Gochsheim und Sennfeld, das Stift Kempten in Rothenstein, Grönebach und Herbishofen offen Protestanten duldeten. Es gab drei privilegierte Stände im Erzstift: Geistlichkeit, Adel und Bürger. Die letzteren hatten ursprünglich bedeutende Vorrechte besessen, vom Kaiser war der Residenz sogar die Autonomie gewährleistet worden; aber Erzbischof Leonhardt ließ 1511 um die Neujahrszeit Bürgermeister und Rat zur Tafel laden, dann wurden angebliche Rädelsführer auf Schlitten gebunden und vom Scharfrichter begleitet, viele Kilometer ins Gebirge gefahren, dort starben sie an den Folgen der Kälte. Nach diesem Schreck wurden die Bürger mundtot gemacht. Nun lag die Gerichtsbarkeit der Stadt bei der Kirche, den großen Rat schaffte man ab und beraubte die Bürger aller Selbstbestimmung.

Der zweite privilegierte Stand, ursprünglich 45 landsässige Adelsgeschlechter, hatte aufgehört eine wahre Aristokratie zu sein. Manche einheimischen Geschlechter erloschen, vom Erzbischof wurden fremde in die Matrikel aufgenommen. Die eigentliche Großmacht im Erzstift bildete der Prälatenstand, zu dem der Abt von St. Peter, vier andere Würdenträger, eine Äbtissin und vor allem das Domkapitel gehörten. Die letztere Körperschaft hatte bis zur Verfassungsänderung vom 24. Juli 1620 so gut wie alles bestimmt und übte auch später noch einen enormen Einfluss aus. Strenge Ahnenproben schlossen jedes aufstrebende Talent von niederer Herkunft aus.

Am 31. Oktober 1731 wurde das welterschütternde Emigrationspatent unterzeichnet, das den Befehl enthielt, binnen acht Tagen, bei den Angesessenen je nach Vermögensstand, in ein bis drei Monaten das Land zu räumen. Am 5. November wurde das Emigrationspatent verschickt, am 11. November sollte es publiziert werden: am Reformationstag erlassen, ist es an Luthers Tauftag veröffentlicht worden. Die Zeit dazwischen hatte man zur allgemeinen Entwaffnung der Evangelischen benutzt. Damit brach das Verderben über die Bevölkerung herein. Soldaten zogen von Haus zu Haus und erzwangen den Abzug……

Quelle:

Die Vertreibung der Salzburger Protestanten und your Aufnahme bei den Claubensgenossen: ein Zeitbild aus kulturgeschichtliches Zeit aus dem 18. Jahrbundert: mit 42 Kupferstichen, von C. Fr. Arnold, verlegt bei Eugen Diederichs: Leipzig 1900 (Download)