Johann August Ephraim Goetze, erster Diakonus an der Stiftskirche zu Quedlinburg

Der Vater war Johann Heinrich Goeze, königlich preußischer Inspektor und Oberprediger in Aschersleben – ein moralisch rechtschaffener, stiller und bei seiner Gemeinde sehr beliebter Mann. Als sein Großvater, Johann Melchior Goeze, der 1728 in Halberstadt als Doktor der Theologie, Konsistorialrat und Oberprediger an der Martini Kirche starb, sorgte dies für grosses Aufsehen.

Seine Mutter, eine geborene Kirchhoff starb, als er zwei Jahre alt war. Die Stelle der Mutter vertrat nun, besonders was die physische Bildung des Knaben betraf, eine treue „Aufwärterin“, mit vielleicht zu grosser Zärtlichkeit. Da Goeze einen sehr lebhaften Geist, sehr reizbare Nerven und eine schwächliche Konstitution hatte, waren auch seine Wünsche und Vorstellungen sehr lebhaft und seine Launen sehr unbeständig. Den ersten Unterricht erhielt er auf der Ascherslebischen Stadtschule, wo man aber mehr auf die Übung des Gedächtnisses, als auf die Bildung des Verstandes achtete. Dieses ständige Trainieren erwies sich in seinem späteren Leben als sehr hilfreich. Er war im Stande ganze Passagen aus einmal gelesenen Büchern spontan aus dem Kopf wiederzugeben.

Von seinem Aufenthalt auf der Universität Halle, die er im Jahre 1748 bezog, merkte er sehr bald, dass es noch mehr gab als das bloße erlernen von lateinischen Phrasen und so lenkte er allen Ehrgeiz und Fleiß auf das Studium der „Wolfischen Philosophie“. Nach einem vorzüglichen Examen wurde er bereits mit 24 Jahren Hospitalprediger und 1762 Prediger an St. Blasii in Quedlinburg. 1786 erhielt er auf eigenen Wunsch das Diakonat an der Stiftskirche.

Sein eigenwilliger Charakter hatte anfänglich keinen geringen Einfluss im Predigtamte. Er war ein strenger Prediger und eiferte gegen Schauspiele, Volksfeste, der Missbräuche wegen und erlaubte sich selbst manches Vergnügen nicht, um nicht anstößig zu werden. Bald aber musste er seine Meinung ändern, weil die Glieder seiner Gemeinde recht erbittert reagierten.

Anfangs schrieb er alle seine Predigten wörtlich auf, irgendwann fand er das zu beschwerlich, zumal er alle Texte auswendig wusste und so notierte er nur noch Hauptsätze und bildete logische Verbindungen, die immer wieder einen festen Bezug hatten. Bei Trauungen, Taufen und anderen Gelegenheiten hörte man ihm ungemein gerne zu, weil er die Gabe hatte jede Rede interessant und spannend zu gestalten. Als Ratgeber am Krankenbett hatte er den gesunden Grundsatz, sich niemals aufzudrängen. Wer aber nach ihm verlangte, dem war er das, wozu er berufen war. Er bewies sehr viel psychologische Kenntnis und wahre Pastoralklugheit. Eine Anekdote soll verdeutlichen, wie er mit Menschen umzugehen wusste:

„Er wurde einmal zu einem hypochondrischen Mann gerufen der sich einbildete, vom Teufel in sichtbarer Gestalt überall verfolgt zu werden. Nachdem er das Vertrauen des Mannes gewonnen hatte, versicherte er ihm, dass er diesen Teufel recht gut kenne, er sei ehemals auch von ihm verfolgt worden, hätte aber zwei treffliche Mittel dagegen. Erstens wisse er, dass dieser Teufel das Arbeiten nicht vertragen könne (des Mannes Krankheit rührte Unverdaulichkeit und diese von sitzender Lebensart her) Kurz, der arme vom Teufel geplagte Mann spaltete nun sein Holz selbst und verrichtete andere handwerkliche Arbeiten. Zum anderen ließ er sich überreden eine Arznei zubereiten zu lassen und das, obwohl er zuvor nie mit einem Arzt zu tun haben wollte. Beides half und der Mann wurde wieder gesund“.

In seinem häuslichen Leben war Goetze sehr sparsam, arbeitsam, ein zärtliche Gatte und guter Vater. Seine Freundschaft und Zutrauen zu gewinnen war sehr leicht. Vielleicht war er in diesem Punkt nicht vorsichtig genug. Denn oft wurde er auf schändliche Weise hintergangen und betrogen.

Neben seinem Interesse an Philosophie, fesselten ihn die Naturwissenschaften. Seine größte Freude war es, wenn er Quellen seiner Irrtümer entdecken konnte. Mikroskopische Untersuchungen leiteten ihn auf das Studium der Entomologie und das wieder auf das Studium von Eingeweidewürmern. In diesem Punkt lässt sich Goeze wie folgt beschreiben: „wo es nichts zu beobachten gab, da war er nicht gern und wo er war, da fand er auch immer etwas zu beobachten, was andere nicht sahen“.

Von ihm gibt es darum eine recht stattliche Anzahl von Schriften, die ihn als ausgezeichneten Naturforscher bestätigen. Ihn faszinierte auch die Betrachtung über den Zustand der Seele nach dem Tode. Darüber hatte er viel gelesen und sich selbst ein Bild von den Erwartungen des Christen in jener besseren Welt entworfen. Und so lautet denn auch die Grabschrift, mit welcher er am 25. Juni 1793 sein geführtes Leben beschloss: „Er sucht´und fand den Schöpfer der Natur im Wurm, im Tropfen Tau, in jedem Blümchen der Flur; wie wird sein Forschergeist sich freun in dieser Seligkeit so weit voraus zu sein!“

Den bereits recht umfangreichen Stammbaum mit allen Nebenlinien könnt könnt ihr wie immer in der Datenbank nachlesen.

Seine Werke:

  • Herrn Karl Bonnets Abhandlungen aus der Insektologie. Halle: Bey J.J. Gebauers Wittwe und Joh. Jac. Gebauer, 1773
  • Schreiben an Hrn. Pastor Göze in Quedlinburg wegen eines von ihm neuerlich bekannt gemachten Wasserthierchens, Hannoverisches Magazin. 1763-1790. , 1775, 13.Jg., S. 1015 – 1024
  • Entomologische Beyträge zu des Ritter Linné zwölften Ausgabe des Natursystems. Leipzig: Weidmann u.a. 1777-1783
  • Carl de Geer: Abhandlungen zur Geschichte der Insekten. Aus dem Französischen übersetzt und mit Anmerkungen hrsg. von Johann August Ephraim Goeze
  • Leipzig: J. C. Müller, 1776-83. Versuch einer Naturgeschichte der Eingeweidewürmer thierischer Körper. Blankenburg: Pape, 1782
  • Beschreibung des Naturaliencabinets des Herrn Pastor Göze, in Quedlinburg, und seiner microscopischen Experimente, Hannoverisches Magazin. 1763-1790. , 1782, 20.Jg., S. 965 – 976
  • Neueste Entdeckung, dass die Finnen im Schweinefleisch keine Drüsenkrankheit, sondern wahre Blasenwürmer sind. Halle: J.G. Heller, 1784
  • Nützliches Allerley aus der Natur und dem gemeinen Leben für allerley Leser… Erstes Bändchen. Leipzig, bey Weidmanns Erben und Reich. 1785.
  • Einführung eines neuen Gesangbuchs bey der St. Blasiengemeine zu Quedlinburg, Journal von und für Deutschland. 1784-92. , 1787, 4.Jg.,9.St., S. 258 – 260
  • Etwas über die sonderbare Naturbegebenheit der plötzlichen Wasserfluth am 18ten September d. J. in der Quedlinburgischen Gegend, Journal von und für Deutschland. 1784-92. , 1789, 6.Jg.,9.St., S. 260 – 264
  • Beschreibung einer bequemen Studir- und Sparlampe. Leipzig: In der Graffschen Buchhandlung, 1791
  • Cornelius: ein Lesebuch für allerley Volck, das Gott fürchten und ernst thun will. Leipzig: Weidmann, 1792
  • Zeitvertreib und Unterricht für Kinder in ihren ersten Lebensjahren: in kleinen Geschichten. 2., verb. Aufl. Leipzig: Weidmann, 1793
  • Göze, Johann August Ephraim, Cornelius. Ein Lesebuch für allerley Volk, das Gott fürchten und recht thun will, 3r Theil. ; Neue allgemeine deutsche Bibliothek. 1793-1806. , 1793, 2.Bd.,2.St., S. 570 – 571
  • Mannigfaltigkeiten aus der Natur und dem Menschenleben. Altona: Pinckvoß, 1794
  • Natur, Menschenleben und Vorsehung: für allerley Leser. Neue Auflage. Leipzig: Weidmann, 1796
  • Erster Nachtrag zur Naturgeschichte der Eingeweidewürmer. Leipzig, 1800
  • Europäische Fauna oder Naturgeschichte der europäischen Thiere in angenehmen Geschichten und Erzählungen für allerley Leser, vorzüglich für die Jugend. Leipzig: Weidmannischen Buchhandlung, 1791-1803

Literatur: