Dr. Joachim Wilhelm Erdmann Liesegang (1791-1878) Superintendent und Oberparrer zu Perleberg

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Superintendent Liesegang zu Perleberg

Nach seiner Konfirmationam am Gründonnerstag im Jahre 1806 verließ Wilhelm seine Vaterstadt um das Gymnasium in Salzwedel zu besuchen, damals unter der Leitung des Rektors Heinzelmann und nach dessen Tod im Jahre 1808 unter der Leitung des Rektors Solbrig.

An Ostern 1811 verließ er die Schule mit dem Zeugnis der Reife , um von dort auf die Universität in Berlin zu wechseln, an der damals die ausgezeichneten Professoren der Theologie Schleiermacher, de Wette, Marheinke und Neander angestellt waren. Wilhelm begann sein Theologiestudium gemeinsam mit seinem Jugendfreund Carl Büttner, mit dem er bis zum 21. Februar 1813 zusammen wohnte. Büttner wurde am 16. Oktober 1813 bei Leipzig schwer verwundet und erlag seinen schweren Verletzungen.

Wegen körperlicher Schwäche wurde Wilhelm von der Militärbehörde zurückgewiesen und so übernahm er eine Stelle als Hauslehrer bei dem Geheimen Domänenrath Frisch in Klocksin im Mecklenburgischen, um dessen beiden Adoptivsöhne zu erziehen. (Später Baron von Frisch)

Um im Mecklenburgischen eine Anstellungsfähigkeit zu bekommen, unterzog Wilhelm sich im März 1816 einer theologischen Prüfung. Darauf folgte eine schriftliche Abhandlung an der Universität zu Rostock und ihm wurde die philosophische Doktorwürde erteilt mit Datum vom 2. August 1816. Dieses Diplom lautet:

„Viro praenobilissiomo et doctissiomo Joachimo Guilielmo Erdmanno Liesegang Brandenburgensi postquam examen rigorosum cum laude sustinuerat et specimen eruditionis sistens succinctam dogmatis de providentia divina historiam exhibuerat summos philosophorum honores ac privilegia et immunitates artium liberalium magistri et philosophiae doctoris Rostochii die 11. Augustii MDCCCXVI rite legitime contulit.“

Nach insgesamt zweijährigem Aufenthalt kehrte Liesegang zurück nach Berlin und erteilte Unterricht in einigen öffentlichen Schulen und gab gleichzeitig den Töchtern des Oberbürgermeisters Büschin in mehreren wissenschaftlichen Fächern und der Tochter des Propstes Hanstein in Religion Privatstunden.

Auf Empfehlung machte ihm im November 1817 Prinz August unter sehr vorteilhaften Bedingungen den Antrag, die Erziehung seines Sohnes des Grafen von Waldenburg zu übernehmen. Liesegang ging zuerst auf dieses Angebot ein, trat aber später von seiner Entscheidung zurück, worauf er ein recht ungnädiges Schreiben des Prinzen erhielt.

Durch Propst Hanstein eröffnete sich die Aussicht auf die zweite Pfarrstelle in Gransee, für die er nach gehaltener Gastpredigt ausgewählt wurde. Bereits am 19. April 1818 vom Propst Ribbeck in der St. Nicolaikirche zu Berlin ordiniert, wurde Liesegang am 18. Oktober 1818 vom Superintendenten Scharlau an der hiesigen Kirche eingeführt.

Vor seinem Umzug nach Gransee ehelichte er am 29. September 1818 Caroline Schrötter (*11.1.1798) die älteste Tochter des Justiz Kommissarius Schrötter zu Perleberg.

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Caroline Liesegang geb. Schweiger

Das häusliche Glück fand seinen Höhepunkt am 16. Oktober 1819 durch die Geburt seines Sohnes. Im Jahre 1820 übersiedelte die junge Familie nach Perleberg. Kurz zuvor war Liesegangs innig geliebte Mutter im Alter von 60 Jahren, am 12. Juni 1820 verstorben. Es folgten noch mehr häusliche Sorgen. Seine Ehegattin erkrankte an Bluthusten und trotz sorgfältiger Behandlung und Pflege entschlummerte sie sanft am 13. Novemer 1820, abends um 10 Uhr, noch nicht einmal 23 Jahre alt.

Nachdem er im Oktober 1820 das Pfarramt in Perleberg übernommen und schon zwei Jahre als Witwer gelebt hatte, fand am 3. Oktober 1822 die Hochzeit mit Caroline Schweiger statt. Caroline war die dritte Tochter des Lederfabrikanten Bartholomäus Schweiger in Prenzlau, dessen Vorfahren ein Jahrhundert zuvor aus dem Salzburgischen vertrieben worden sind, weil sie sich weigerten ihren evangelischen angestammten Glauben aufzugeben und sich der katholischen Kirche anzuschließen. In dieser sehr glücklichen Ehe wurden sechs Söhne und vier Töchter geboren. Das Familienglück wurde einzig durch den Tod dreier Kinder im zarten Alter und durch den plötzlichen Tod des Sohnes Otto am 22. September 1865 getrübt. Auch die goldene Hochzeit sollte nicht sein. Seine geliebte Gattin starb zur größten Betrübnis im Alter von beinahe 74 Jahren am 9. Dezember 1871.

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Liesegang mit 83 Jahren

Das Leben in seiner Vaterstadt und in dem behäbigen Pfarrhaus mit seinem großen Garten und der dicht dabei liegenden gotischen Backsteinkirche war wirtschaftlich gleich zu Beginn recht mühevoll. Bedingt durch das kärgliche Diensteinkommen war Liesegang gezwungen neben den pfarramtlichen Aufgaben Privatunterricht zu erteilen. Einige achtbare Familienväter schickten ihre Söhne in seine Amtswohnung bis er an der Stadtschule 26 Lehrstunden wöchentlich übernehmen konnte. Um mit der Belastung dieses Doppelamtes fertig zu werden, unterstützte ihn tatkräftig sein Vater, bis dieser nach langem Krankenlager am 20. Januar 1843 im Alter von 84 Jahren verstarb.

Ein größeres Betätigungsfeld eröffnete sich durch die Königliche Regierung zu Potsdam am 10. Oktober 1826, als er seine Ernennung zum Kreisschulinspektor im nördlichen Schulkreis der Diözese Perleberg erhielt. Außerdem erwählte ihn der Magistrat zum Oberpfarrer und Ephorus der Schulen mit Wirkung vom 10. August 1831. Die Einführung erfolgte durch den Superintendenten Krüger in Lenzen. Schließlich ernannte ihn die geistliche Oberbehörde am 28. November 1832 zum Superintendenten der Diözese Perleberg.

Zu den erfreulichsten Ereignissen seiner Amtszeit zählte der im Jahre 1852 begonnene und im Herbst 1855 vollendete Kirchenbau, die Beschaffung einer neuen Orgel, deren Einweihung am 1. Advent 1831 erfolgte, die Einführung eines neuen Gesangbuchs im Jahre 1833, die Vergrößerung des Begräbnisplatzes 1831 und 1866, namentlich dessen Verschönerung, die Stiftung verschiedener wohltätiger Anstalten wie dem Armenpflegeverein, der Bibelgesellschaft, des Missionsvereins und des Gustav Adolf Vereins. Während seiner Amtszeit erfolgte auch der Bau des Rathauses und des Realschulgebäudes.

Eine angebrachte Tafel wies nach, dass der König Friedrich Wilhelm IV. am Palmsonntag den 20. März 1842 in hiesiger Kirchen dem Gottesdienst und der Einsegnung der Konfirmanden beigewohnt hatte. Am 18. Oktober des Jahres 1868 vollendete Liesegang das fünfzigste Jahr seiner Amtsführung. Von des Königs Majestät wurden ihm an diesem Tage als Zeichen allerhöchster Anerkennung die Insignien des Roten Adlerordens III. Klasse mit der Schleife verliehen, nachdem Liesegang bereits am 18. Januar 1843 der Rote Adlerorden IV. Klasse verliehen worden war. Das Kuratorium für Geschichte der Mark Brandenburg händigte ihm am 10. April 1840 eine Urkunde aus, die ihn zum ordentlichen Mitglied des Vereins ernannte.

Am 3. August 1876 erhielt Liesegang vom Dekan der philosophischen Fakultät zu Rostock nachstehendes Glückwunsch-Schreiben:

„Im Namen der hiesigen philosophischen Fakultät habe ich die Ehre Ihnen zum 3. August als dem sechzigsten Jahrestage Ihrer Doktorpromotion, einliegend ein erneutes Diplom zu übersenden und Ihnen herzliche Glückwünsche auszusprechen. Die Fakultät, wenn auch längst aus anderen Generationen von Mitgliedern bestehend, als zur Zeit, da sie Ihnen die Doktorwürde verlieh, nimmt darum nicht minder innigen Anteil an der Freude, mit welcher Sie auf die sechs Jahrzehnte, während welcher Sie diese Würde bekleideten, als auf eine Zeit reger und ersprießlicher Tätigkeit zurückblicken werden. Sie spricht bei Erneuerung Ihres Diploms den Wunsch aus, dass Sie noch lange in bisheriger Rüstigkeit eines ungestört glücklichen Lebensabends genießen mögen.“

Joachim Wilhelm Erdmann Liesegang verstarb am 30. März 1878 nach einem langen und erfüllten Leben in seiner Vaterstadt Perleberg.

Quellen:

Familiengeschichtliche Aufzeichnungen Verb. Bl. Nr. 16 vom 15.11.1917 Seite 273

Familiengeschichtliche Aufzeichnungen Verb. Bl. Nr. 05 vom 15.08.1921 Seite 65-74