Hermann Wagener, bedeutender Publizist und Politiker (Begründer der konservativen Partei in Preussen) wurde am 8.3.1815 in Segelitz bei Neuruppin als Pfarrerssohn geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und einer Anstellung als Assessor in eine Vertrauensstellung bei dem nachmaligen Oberpräsidenten von Pommern v. Senfft-Pilsach und dem damaligen Haus- und Domänenminister Graf Anton v. Stolberg-Wernigerode. 1847 wurde er durch Empfehlung als Konsistorialassessor nach Magdeburg übernommen.
Die Sozialpolitik wurde fast das ausschließliche Feld seiner Tätigkeit. Er zog den konservativen Sozialpolitiker Rudolf Meyer an sich heran. Desgleichen befreundete er sich mit Rodbertus. Mit besonderem Interesse hatte er schon den Verlauf des ersten Kongresses des Vereins für Sozialpolitik im Oktober 1872 zu Eisenach verfolgt. 1874 entsandte ihn Bismarck als Regierungskommissar zum 3. Kongress der „Kathedersozialisten“. Der meisterhafte Bericht, den Wagener über den Verlauf der Verhandlungen an Bismarck erstattete, hatte die Berufung der Professoren v. Scheel und Jannasch ins Ministerium zur Folge.
Während des Kongresses von 1875 beeinflusste er von Varzin aus den Gang der Verhandlungen, denen sein Sekretär Meyer beiwohnte. Als Eugen Richter am 23. Mai 1878 diese Verwendung Wagener’s als Regierungskommissars gegen die Bismarck’sche Politik als besondern Trumpf ausgespielt hatte und Bebel am 17. September darauf zurückkam, erwiderte Fürst Bismarck: „Es war einfach meine Pflicht und Schuldigkeit, dass ich irgend jemand hinschickte und der Geheimerath Wagener war für diese Sachen ein durchaus sachkundiger Mann, ein Mann von Geist“.
Und auch rein menschlich wurde das Band zwischen Bismarck und Wagner nicht gelöst. So schrieb der Fürst an Wagener unter dem 8. September 1876, als er gewahrte, dass die beiderseitigen politischen Richtungen zum Teil auseinandergingen: „Die etwaige Verschiedenheit unserer Wege wird für mich nicht das Band zerreißen können, welches 30 Jahre freundschaftlicher Beziehungen und gemeinschaftlicher Kämpfe geschaffen haben“. Wagener wusste diese ehrenvolle Freundschaft wohl zu schätzen, und seine Anhänglichkeit an Bismarck hat seiner Bewunderung für ihn nie nachgestanden, obwohl die Politik seit 1873 sehr wenig nach seinem Herzen war und erst 1881 sich wieder etwas seinen Anschauungen näherte.
Kernpunkt des Wagenerschen Staatsverständnisses war die Überzeugung, dass jede Obrigkeit von Gottes Gnaden und der Staat eine göttliche Institution sei. Die Prinzipien der christlichen Religion und Kirche sollten in allen Gesellschaftsbereichen wieder zur Geltung kommen. Nur darin sah er die Möglichkeit, eine anarchische und später despotische Entwicklung, wie er sie in Frankreich vor Augen hatte, zu verhindern. Sein wichtigstes Werk war das Staats- und Gesellschaftslexikon. Aber im Gegensatz zum Rotteck-Welckersches Staatslexikon ist das Werk von Wagener, welches interessante Aspekte einer christlich-konservativen Sozialpolitik enthält, heute weitgehend vergessen und nur in wenigen Bibliotheken vorhanden.
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Bd. 1 : Aachen bis Almosenier
Bd. 2 : Almquist bis Atthalin
Bd. 3 : Atticus bis Bichat
Bd. 4 : Bickell bis Camoens
Bd. 5 : Campagna di Roma bis Dänemark
Bd. 6 : Daniel bis Elisabeth
Bd. 7 : Ellora bis Funen
Bd. 8 : Fürst bis Gyulai
Bd. 9 : Haag bis Illuminaten
Bd. 10 : Illyrien bis Kalandsgilden
Bd. 11 : Kalckreuth bis Lanjuinais
Bd. 12 : Lannes bis Marmont
Bd. 13 : Marmontel bis Münch-Bellinghausen
Bd. 14 : München bis Oesterreich
Bd. 15 : Österreichischer Erbfolgekrieg bis Pomare
Bd. 16 : Pombal bis Reformierte Kirche
Bd. 17 : Refugies bis Saint-Simon
Bd. 18 : Saint-Simon bis Seleucia
Bd. 19 : Seleuciden bis Stieglitz
Bd. 20 : Stieglitz bis Ungarn
Bd. 21 : Ungarische Revolution bis Weimar
Bd. 22 : Wein bis Ziegler
Bd. 23 : Zierotin bis Zwölftafelgesetzgebung
Fundstelle:
Quelle:
Wagener, Hermann: Staats- und Gesellschafts-Lexikon – Neues Conversations-Lexikon, 23 Bände. Berlin: Heinicke 1859-1867
Literatur:
Artikel „Wagener, Hermann“ von Hermann von Petersdorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 471–476