Karl Rodbertus – Theoretiker der Nationalökonomie und des Sozialismus

Wappen der Familie Rodbertus

57204RodbertusJohann Karl Rodbertus ist in der Geistesgeschichte des 19. Jh. als Begründer des wissenschaftlichen konservativen Sozialismus bekannt, der auf Nationalem, friedlichem und gesetzlichem Wege verwirklicht werden sollte. In die Auseinandersetzung der Revolution versuchte er auch handelnd einzugreifen. Er wurde in die Nationalversammlung gewählt und war auch für 14 Tage Kultusminister im Ministerium Auerswald-Hansemann.

Nach dem Studium und kurzer Referendarzeit siedelte er sich auf dem Rittergut Jagetzow in Pommern an und die Ritterschaft des Kreises Usedom-Wollin ernannte ihn zum Abgeordneten des Provinziallandtags und zum General-Landschaftsrat der Provinz Pommern. 1842 setzte sich Rodbertus für die Anerkennung des Frankfurter Parlaments ein. Nach dem Rücktritt des Kabinetts Kamphausen wurde er unter Auerswald am 26. Juni 1843 preußischer Kultusminister (siehe oben) In der 2. Kammer von 1849 setzte er als Führer des linken Zentrums den Beschluss auf Anerkennung der Reichsverfassung durch, was zur Auflösung der Kammer führte. In der Konfliktzeit verteidigte er Bismarcks Politik.

Familiengeschichte:

Sein Vater war zeitweise Professor des römischen Rechts in Greifswald, sein Großvater Johann Nikolaus Kaufmann zu Barth in Pommern. Des Großvaters Bruder Johann Karl Rodbertus ist zugleich der erste Gatte der Großmutter Katharina Maria Westphalen, die damit auch zur Großmutter des späteren Adelsgeschlechts von Rodbertus wird. Der Urgroßvater Nikolaus David Rodbert gehörte wohl in den Zusammenhang des mecklenburgischen Pfarrergeschlechtes dieses Namens, dessen Ahnherr Petrus Rodbert Pastor in Boren bei Schleswig ist und 1609 starb. Das gleiche Amt hatte sein Sohn Johann, während sich die Enkel Johann und Heinrich nach Mecklenburg wandten und dort eigene Linien begründeten.

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Johann (1622-1666) war seit 1649 Pfarrer in Lübchen, Heinrich (1619-1695) seit 1654 Pfarrer in Kölzow. Er hatte Katharina, Tochter des Schiffers David Richter zu Rostock und der Katharina von Wieden (+1655 als Frau des Universitätsbuchdruckers Nikolaus Kilius) geheiratet. Heinrich begann in der trostlosen Zeit des 30jährigen Krieges, baute selbst das Pfarrgebäude mühevoll mit der Maurerkelle allmählich auf und bestellte selbst mit Gattin, Kindern und Mägden das völlig ungepflegte Land. Heinrichs Sohn Daniel Nikolaus (+1731) wurde 1691 es emeritierten Vaters Nachfolger in Kölzow.

Vermutlich ist nach den Vornamen David und Nikolaus der obengenannte Schweriner Rodbert in diesen Sippenkreis einzuorden. Bemerkenswert ist die mütterliche Ahnenseite. Friederike Eleonore Schlettwein ist die Erbin von Beseritz in Mecklenburg-Strelitz. Dieses Gut verwaltete der Vater Johann Karls vorbildlich für den Sohn. Friederike Eleonores Vater Johann August Schlettwein aus Weimar (1731-1802) war in seinem Jahrhundert als der“physiokratische Wirt“ bekannt. Er hatte die erste Professur der ökonomischen Fakultät in Gießen inne, war auch Professor der Polizeiwissenschaften zu Kalrsruhe gewesen.

rodbertus wappenSeine Gattin Friederike Eleonore von Geusau, Tochter und Schwester eines Generals, entstammte dem mitteldeutschen Uradel. Unter ihren Ahnengeschlechtern finden wir unter anderem die Eschwege, Münster, Gehofen, Seebach und vor allem die hochbegabten Witzleben der Wendelsteiner Linie, die bereits in der Zeit Martin Luthers mit einem Ritter und Doktor ihre geistige Veranlagung bekundeten und die gelehrte Tradition über viele Generationen weitergaben.

Überraschend ist auf der Mutterlinie, dass es sich bei Marie Dorothea von Schütz um eine Angehörige des 1895 ausgestorbenen Geschlechts Schütz von Pflummern handelte, das seinen Auffstieg einer in Würtembergs Geschichte berüchtigten Persönlichkeit verdankt, dem Johann Heinrich v. Schütz, der in einer der unseligsten Epochen Würtembergs, der langjährigen Mätressenwirtschaft des Herzogs Eberhard Ludwig, eine bedenkliche Rolle gespielt hatte.

Johann Heinrichs Vater, Johann Balthasar Schütz, war gräflich-hanauischer Amtmann, seine Mutter eine geborene Rodschied. Johann Heinrichs Bruder, Johann Philipp Schütz, war würtembergischer Geheimer Rat und Kirchenratsdirektor, eine Schwester an den adeligen Geheimrat Johann Nathanael von Schunck, eine Persönlichkeit von zweifelhaftem Ruf verheiratet.

Andererseits war die erste Gattin des Johann Heinrich v. Schütz oo 18.1.1694 Anna Philippine von Schunck. Johann Heinrich v. Schütz war Herr zu Adelsberg, Pflummern und Winzerhausen, Ritter des Ordens de la générosité, kaiserlicher Reichshofrat des Herzogs Eberhard Ludwig von Würtemberg, wirklicher Geheimer Rat, Konferenzminister wie auch Bevollmächtigter und außerordentlicher Gesandter am kaiserlichen Hoflager, auf dem Reichstag in Regensburg.  Er wurde am 14.2.1699 von Kaiser Leopold I. in den Reichsadelsstand, am 3.3.1719 von Kaiser Karl IV. in den Freiherrenstand erhoben. Vermutlich ist er in Hanau geboren am 4.7.1669 und starb am 3.10.1732 zu Nürnberg. Er war auch Obervogt der Städte und Ämter Blaubeuren, Münsingen und Steußlingen. Eine andere Tochter erster Ehe, Caroline Wilhelmine Elisabeth, heiratete 1734 den Karl Heinrich von Gsug und nach dessen Tode Eugen Graf von Schwerin. Die Herkunft der zweiten Frau des Johann Heinrich v. Schütz oo 17.6.1716 Eleonore Dorothea von Körbener, war bisher nicht zu ermitteln. (Ein Geschlecht dieses Namens erscheint in Moltkes Ahnentafel)

Werke:

Literatur:

  • Hans-Otto Binder: Johann Karl Rodbertus. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 8, Herzberg 1994, Sp. 474–477
  • Wirth: Rodbertus, Johann Karl. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 28, Duncker & Humblot, Leipzig 1889, S. 740–763
  • Heinz D. Kurz: Rodbertus, Johann Karl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, S. 689 f.
  • Pommersche Lebensbilder Bd. 1, im Auftrag der Landesgeschichtlichen Forschungsstelle für Pommern, Stettin 1934 Seite 117-122. Herausgegeben von Adolf Hofmeister, Erich Randt und Martin Wehrmann
  • Rodbertus, Otto: Zur Herkunft des Nationalökonomen Karl Rodbertus, zur 100. Wiederkehr seines Todestages, von Otto Rodbertus, in: Baltische Studien, Neue Folge Band 61 Jg. 1975