Karl von Normann höfischer Gegner Bismarcks

Karl von Normann

Karl Wilhelm Christoph von Normann, geboren am 21.9.1827 in Franzburg…

entstammte einer weitverzweigten ritterlichen Familie, die seit dem 13. Jahrhundert zuerst auf Rügen, dann in Pommern und Mecklenburg nachzuweisen ist und eine Reihe namhafter Juristen, Diplomaten und Offiziere hervorgebracht hat.

Der aus Stralsund gebürtige Großvater Axel von Normann (1760-1835) war bis 1815 schwedischer Oberst; nach den Freiheitskriegen verließ er mit sieben Brüdern und drei Söhnen den schwedischen Dienst und war zuletzt preussischer Generalmajor. Zum Ruhesitz wählte er sich die stille Kleinstadt Franzburg.

Bis zum achten Lebensjahr hat Karl von Normann seine Kindheit in seiner Geburtsstadt verbracht. 1838 zog er mit den Eltern nach Greifswald. Der Vater, Rechtsanwalt Karl Heinrich von Normann (1787-1862) war ein pragmatischer Mann und gewöhnte ihn früh an Lektüre und Lernen. Wahrscheinlich hat die Mutter Wilhelmine geborene Ziemssen, eine Tochter des Generalsuperintendenten und Greifswalder Theologieprofessors Johann Christoph Ziemssen, diesen Zug noch verstärkt.

Für Normanns Berufswahl blieb das Beispiel des Großvaters maßgebend. Statt aber nach dem Besuch des Greifswalder Gymnasiums zu studieren, wurde er Soldat. Aachen und Greifswald waren die ersten Stationen seiner militärischen Laufbahn. Die nächsten Jahre friedlichen Garnisonsdienstes verlebte er in Greifswald. Er war frei von materiellen Sorgen und alles schien ihm zu gelingen.

Vierundzwanzigjährig gründete er 1852 mit der Greifswalderin Emma Anderssen (*1834) seinen eigenen Hausstand. 1853 wurde er zur Kriegsakademie kommandiert und besuchte sie mit Auszeichnung; nach der abschließenden Übungsreise trat er in das Topographische Büro und machte sich in Hohenzollern an die üblichen Vermessungsarbeiten. Da traf ihn der erste Rückschlag seines Lebens. Ein rheumatisches Leiden zwang ihn die Landaufnahmen abzubrechen um sich heilen zu lassen. Die Aussicht auf Berufung in den Generalsstab hatte er verloren. Es war gut, dass ihn seine Versetzung nach Magdeburg aus der Greifswalder Enge heraushob.

Im Frühjahr 1864 ging seine militärische Laufbahn zu Ende. Der Privatsekretär der Kronprinzessin, Ernst von Stockmar, war erkrankt und hielt Ausschau nach einem Nachfolger und das wurde Karl von Normann. Das Amt des Privatsekretärs hatte durch Stockmars bedeutende Persönlichkeit Inhalt und Farbe erhalten. Die Rolle, die er seit der Heirat Friedrich Wilhelms mit der englischen Victoria spielte, sah dem Walten jesuitischer Beichtväter an katholischen Fürstenhöfen in vielem ähnlich. Seine heimliche politische Beratung des Kronprinzenpaares war sehr weise, bis er in einem „Größeren“ in Bismarck, seinen Meister fand. Dessen politische Wege zu verstehen, reichte seine Klugheit nicht aus. Als Bismarck 1862 das Ministerpräsidium übernahm und den schwelenden Streit um die Heeresreform zum Verfassungskonflikt steigerte, trieb Stockmar den Kronprinzen in die öffentliche Opposition. Die Verfeindung des Thronerben mit dem leitenden Staatsmann war das Vermächtnis, mit dem er die Amtsführung seines Nachfolgers Normann belastete.

Die Aufgabe, Stockmars bismarckfeindliche Politik zu liquidieren, hat weder er noch sein Auftraggeber Stosch erkannt. Tiefes Misstrauen hegten sie gegen den Staatsmann, der 1862 statt des Friedens den offenen Krieg brachte. (Im 26. Kapitel der „Gedanken und Erinnerungen“ stößt man auf Normanns Namen, Bismarck führt ihn an unter seinen höfischen Gegnern) Wo war der Ausweg aus der Krise, die schon zwei Jahre Königtum und Volk entzweite? Zwischen Bismarck und dem Thronerben tat sich ein neuer Gegensatz auf in der unerledigten Schleswig-Holsteinischen Frage. Der Kronprinz machte sich zum Anwalt des befreundeten Herzogs von Augustenburg, den weite Kreise als Herrn der Elbherzogtümer auf den Schild erhoben hatten. Zu Bismarcks Ziel aber gehörte die Einverleibung Schleswig-Holsteins in Preussen und dazu konnte sich der Kronprinz nicht durchringen…

Innerlich kam Normann von seinem Herrn und dem alten Gedankenkreis nicht los. Die furchtbare Krankheit, die den Kronprinzen 1887 niederwarf, traf ihn als persönliche Katastrophe. Nach dem Thronwechsel empfing er die Weisung, sich für seine Ernennung zum Chef des Zivilkabinetts bereitzuhalten, aber die Ernennung kam nicht. Kaiserin Victoria verhinderte seine Rückkehr. Seine Widerstandskraft schwand. Wenige Wochen nach Kaiser Friedrich – am 17. Juli 1888 in Braunschweig erlag er einem Herzschlag. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem alten Friedhof in Greifswald. Zur Familie Normann sind umfangreiche Genealogien in der Datenbank hinterlegt.

Quelle:

Wehrmann, Martin, Dorfmeister, Adolf u. Braun, Wilhelm: Pommersche Lebensbilder, 3. Band, von der Landesgeschichtlichen Forschungsstelle (Historische Kommission) Stettin: Verlag Leon Sauniers, 1939, S. 326-340

Linkverweis:

Die Geschichte der Familie von Normann